NNN, 10.01.2018
Immer freie Schlafplätze in Nachtasylen vorhanden.
REUTERSHAGEN. Raureif auf den Dächern und Wegen, Autoscheiben und Straßenbahnleitungen vereisen – seit Montag hält die Kälte Rostock fest im Griff. Doch was ist mit den Menschen, die sich bei Minusgraden nicht auf ein beheiztes Büro oder eine warme Wohnung freuen können, weil sie obdachlos sind? „In Rostock muss niemand auf der Straße leben, es gibt genügend Plätze für alle“, sagt Hartwig Vogt. Er leitet seit 2009 das Integrative Betreuungszentrum (IBZ) der Stadtmission im Hawermannweg und kennt sowohl die Betroffenen und ihre Schicksale als auch die Angebote für Menschen in Not.
Zu den Einrichtungen der Stadtmission, die sich als einer von drei Trägern in Rostock um die Hilfe für Wohnungs- und Obdachlose kümmert, zählt auch das Nachtasyl. „Für Frauen haben wir fünf Plätze im Hawermannweg, für Männer 25 Am Güterbahnhof. Bei den Frauen sind aktuell sogar sechs Plätze dauerhaft belegt, aber wir hätten notfalls auch noch ein siebtes Bett und weisen niemanden ab“, sagt der 56-Jährige. Die Schlafplätze samt Duschen und der Möglichkeit, Kleidung zu waschen, sind von 18 bis 7 Uhr geöffnet. Aber auch tagsüber müsse sich niemand bei diesen Temperaturen dauerhaft im Freien aufhalten. In der Budapester Straße betreibt die Volkssolidarität von montags bis freitags die Begegnungsstätte Bahnsteig 1, die auch einen Mittagstisch anbietet. „An den Wochenenden sowie Feiertagen gibt es dann noch unser Winterstübchen Am Güterbahnhof“, sagt Vogt.
Die Einrichtung sei auf Bestreben der Stadt entstanden, als es in den Wintern 2012 und 2013 jeweils einen Kältetoten unter den Obdachlosen zu beklagen gab – „das lag aber nicht am Mangel von Angeboten“, betont Vogt. Das Winterstübchen sollte dennoch dafür sorgen, die Zeiten abzudecken, in denen der Bahnsteig 1 geschlossen ist. „Das Angebot gilt von Anfang November bis Ende März, wir hatten aber auch schon mal bis Mitte April auf, als der Winter lang dauerte“, erzählt der IBZ-Leiter. Außerdem sei der Kältebus der Obdachlosenhilfe unterwegs, der sich um die Betreuung der Menschen vor Ort auf der Straße kümmert.
Vogt nennt das Angebot für die Wohnungslosen der Stadt „beispielhaft“. Ähnlich sieht es Sozialsenator Steffen Bockhahn (Linke): „Wir haben ausreichend Kapazitäten in der Stadt.“ Im vergangenen Jahr habe Rostock 1,175 Millionen Euro für die Träger der Wohnungslosenhilfe ausgegeben. 2018 soll es mehr werden – geplant sind 1,285 Millionen Euro. Die Zusatzausgaben seien Bockhahn zufolge aber nicht mit wachsendem Bedarf, sondern mit allgemeinen Kostensteigerungen begründet.
9Claudia Labude-Gericke
Hat immer ein Bett für Menschen ohne Obdach: Hartwig Vogt leitet das Integrative Betreuungszentrum der Rostocker Stadtmission im Hawermannweg. Dort ist die Notunterkunft für Frauen integriert. Übernachtungsplätze für Männer gibt es Am Güterbahnhof. Foto: Claudia Labude-Gericke