Beratung in Not

Die Rostocker Stadtmission macht mit einer Banneraktion in Rostock und Bad Doberan darauf aufmerksam

Rostock/ Bad Doberan: Es ist Zwölf Uhr mittags, das Banner der Protestaktion gegen die drohenden finanziellen Kürzungen in der Beratungsarbeit hängt am berühmten Friedrich Franz Palais in Bad Doberan, ebenso wie am Amtshaus gegenüber dem Doberaner Münster, der Rostocker Heiligen Geist Kirche in Rostock, dem Jakobi Stift und dem Elisabeth Stift in der Arnold Bernhard Straße sowie an der Geschäftsstelle der Diakonie Rostocker Stadtmission in der Bergstraße.

Ziel ist es, mit Bannern auf die finanzielle Situation der Beratung aufmerksam zu machen. „Damit soll auch für die Menschen vor Ort erkennbar werden: Eure Beratung ist in Not“, sagte Landespastor Paul Philipps. Er unterstützt die Aktion, an der sich auch Beratungsstellen anderer Landkreise beteiligen. „Für die Beratungsstellen ist bis heute noch komplett offen, mit welcher finanziellen Förderung sie für die Beratungsangebote im kommenden Jahr planen können. Das bereitet uns große Sorgen um der Menschen willen, die auf diese Beratungsangebote angewiesen sind. Dieser Sorge geben wir mit der Aktion Ausdruck“, betonte der Landespastor.

Beratungsstellen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern helfen Menschen, individuelle Lebensperspektiven zu entwickeln, Krisen zu bewältigen und ihr Leben und ihre Beziehungen in alltäglichen Zusammenhängen neu zu gestalten. Insbesondere betroffen sind die Allgemeine Soziale Beratung (ASB), die Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL), die Sucht- und Schuldnerberatung.

Ulrike Radke-Voß von der Beratungsstelle aus Bad Doberan ist froh, dass sichtbare Zeichen gesetzt werden. „Reden allein hilft anscheinend nicht“ sagt sie kämpferisch. Im Landkreis  Rostock berät sie in der Beratungsstelle der Stadtmission. Sie bietet unter anderem ASB, EFL und Schwangerenberatung an. „Wir sind im Konflikt mit dem neuen Gesetz auf der Seite der Ratsuchenden! Gerade in der EFL verzeichnen wir einen auffallend hohen Bedarf von Ratsuchenden, die aus dem LK kommen und lange Anfahrten in Kauf nehmen. Erschöpfung und depressive Verstimmungen nehmen als Anlass für die Lebensberatung zu.“ beschreibt sie ihr Arbeitsfeld. Sie berichtet auch von steigenden Fallzahlen in der Paarberatung, was auch eine Folge der Corona Krise sein kann.

Banner an sechs gut sichtbaren Orten 

Für den Doberaner Münsterpastor Albrecht Jax war es selbstverständlich das Banner an seinem Amtshaus aufzuhängen. „Diakonische Beratung ist mit ihren vielfältigen Aufgaben auch eine spezifische Form kirchlicher Seelsorge, die ganz nebenbei etwas von der Menschenfreundlichkeit Gottes erfahrbar macht und Menschen mit und ohne Konfession in Krisen und Notlagen Auswege bietet.“

Auch Martin Krämer, Pastor an der Heiligen Geist Kirche war es keine Frage. Er hängte es gut sichtbar an seine Kirche. Gleiches galt für Dr. Hans Jürgen Beuter, Geschäftsmann aus Bad Doberan und Hotelmanager des Friedrich Franz Palais, an das er das Plakat befestigte. „Menschen werden in ihrem Leben tagtäglich vor Veränderungen, Herausforderungen und existenzielle  Problemen gestellt. Nicht immer können sie sich damit alleine auseinandersetzen. Sie brauchen Hilfe und Beratung. Wenn Beratungsstellen schließen müssen, weil der Staat die Finanzierung immer weiter kürzt, trifft das nicht nur die Angestellten der Träger – es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und das trifft am Ende auch die Unternehmen.“ begründet er seine Beteiligung an der Aktion der Rostocker Stadtmission.´

Noch keine Lösung in Sicht

Mit Inkrafttreten des zweiten Teils des Wohlfahrtsfinanzierungs- und Transparenzgesetzes (WoftG M-V) am 1. Januar 2022 überträgt das Land die Verantwortung für die Beratung an die Kommunen und stellt nur noch so viel finanzielle Mittel zur Verfügung, wie die Kommunen ihrerseits aufbringen. Die Angst der Beratungsstellen ist insofern nicht ganz unbegründet, denn Kommunen und Landkreise haben früh signalisiert, dass sie ihre Anteile nicht erhöhen können.

„Menschen, die eine Beratungsstelle aufsuchen, möchten ihre prekäre persönliche Situation überwinden. Deshalb ist Beratungsarbeit eine notwendige Aufgabe, mit der der Staat Verantwortung für diejenigen übernimmt, die in Not geraten sind.“ sagt Rolf Gauck, verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit bei er Rostocker Stadtmission, und er ergänzt: „Nur wer ein Angebot möchte muss es auch bezahlen. Den Menschen ist es am Ende egal, ob das Geld vom Bund, dem Land oder der Stadt kommt. Sie benötigen Hilfe!“

Fotos: Dr. Beuter vor dem Hotel Friedrich Franz Palais, Albrecht Jax und Ulrike Radke-Voß mit dem Banner vor dem Amtshaus der Ev. Münstergemeinde, Bergstraße, Heiligen Geist Kirche und Jakobi Stift in Rostock

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